Beim Abendessen mit Kindern und Enkelkind, tauchte kürzlich das Thema auf ob sich unsere Nachfolge-Generationen auch einmal fragen würden, ob wir Eltern, Großeltern „das nicht gewußt hätten“. Es ging um Nachhaltigkeit und politische Entwicklungen. Das hat mich nachdenklich gemacht; besonders über den Weg, den Europa und sehr ausgeprägt die Österreichische Regierung gerade eingeschlagen hat. Bei meinen Recherchen über Faschismus stiess ich auf Lawrence Britt, er hat in einer Dystopie 14 Merkmale des Faschismus aufgelistet.
Lawrence Britt
Lawrence Britt schrieb einen Artikel über Faschismus („Fascism Anyone?,“ Free Inquiry, Spring 2003, page 20). Er verglich Tendenzen im Dritten Reich mit Mussolinis Italien, Francisco Francos Spanien, Antontio de Oliveira Salazars Portugal, George Papadopoulos‘ Griechenland, Pinochets Chile und Mohamed Suhartos Indonesien. Wenig Später kursierte unter dem Pseudonym Dr. Laurence W. Britt ein stark modifizierter Artikel im Web. Britt selbst bezeichnet seinen Text als ‚cautionary tale‘ und nicht als wissenschaftliche Arbeit.
My article is a cautionary tale. This is what I’ve researched; this is what I’ve seen; this is what’s happened in the past. You can draw your own conclusions: No, this has nothing to do with the United States; or, there are some disquieting trends here that we certainly have to be aware of, and the powers that be exhibit many of these characteristics, and we’d better damn well be careful.
Lawrence Britt, Rochester City Newspaper, December 2004
14 Merkmale des Faschismus
Ein Plakat dieser Liste wurde 2017 im Holocaust-Museum in der US-Hauptstadt Washington verkauft. Ein Foto davon wurde via Social Media tausendfach geteilt. Viele Menschen fühlen sich offenbar an das heutige gesellschafts-politische Klima erinnert.
- Starker und anhaltender Nationalismus
- Missachtung der Menschenrechte
- Gemeinsames Feindbild wird geschaffen
- Militärregierung
- Sexismus
- Kontrollierte Massenmedien
- Fokussierung auf Nationale Sicherheit
- Verknüpfung von Staat und Religion
- Unternehmensleitung wird beschützt
- Unterdrückung der Arbeitskräfte
- Missachtung von Intellektuellen und Geisteswissenschaften
- Fokussierung auf Kriminalität und härtere Haftstrafen
- Korruption und Vetternwirtschaft
- Manipulierte Wahlen
Faschismustheorien in der Wissenschaft
Wie schon erwähnt, bezeichnet Britt sein Werk nicht als wissenschaftliche Arbeit sondern als warnendes Beispiel. Wissenschaftliche Theorien, die das historische Phänomen des Faschismus in seinen wesentlichen Merkmalen und Ursachen zu beschreiben und zu erklären versuchen, existieren aus unterschiedlichen Perspektiven.
In den Geschichts- und Sozialwissenschaften wurden dazu verschiedene theoretische Ansätze entwickelt, die sich vor allem in der Einschätzung unterscheiden, welche Merkmale faschistischer Bewegungen als charakteristisch beziehungsweise paradigmatisch anzusehen sind, und welche gesellschaftlichen und historischen Faktoren zur Entstehung dieser Bewegungen geführt haben.
[av_font_icon icon=’ue835′ font=’entypo-fontello‘ style=“ caption=“ link=“ linktarget=“ size=’15px‘ position=’left‘ color=“ admin_preview_bg=“][/av_font_icon]Mehr dazu auf Wikipedia
Umberto Eco über Ur-Faschismus
Am 22. Juni 1995 veröffentlichte Umberto Eco in der New York Review of Books den Artikel Ur-Facscism mit 14 Punkten, woran man die Urform des Faschismus erkennen kann.
- Kult der Überlieferung
- Ablehnung der Moderne
- Kult der Aktion um der Aktion willen: „Denken ist eine Form der Kastration. Darum ist Kultur suspekt, sobald und soweit sie mit kritischen Haltungen identifiziert wird. Mißtrauen gegenüber der intellektuellen Welt war stets ein Symptom des Ur-Faschismus“.
- „In der modernen Kultur preist die wissenschaftliche Gemeinschaft den Dissens als ein Mittel zur Vermehrung des Wissens. Für den Ur-Faschismus ist Dissens Verrat.“
- „Der Ur-Faschismus wächst und sucht sich Konsens, indem er die natürliche Angst vor dem Andersartigen ausbeutet und vertieft … Daher ist der Ur-Faschismus per definitionem rassistisch.
- Appell an die frustrierten Mittelklassen
- Obsession einer Verschwörung
- „Die Anhänger müssen sich vom offen gezeigten Reichtum und der Stärke ihrer Feinde gedemütigt fühlen … Die Anhänger müssen jedoch auch überzeugt sein, daß sie die Feinde besiegen können. So kommt es, daß die Feinde durch eine ständige Verlagerung des rhetorischen Brennpunkts gleichzeitig zu stark und zu schwach sind.“
- Armageddon-Komplex: „Da die Feinde besiegt werden müssen und können, muß es einen Endkampf geben, nach dem die Bewegung die Weltherrschaft antreten wird. Eine solche ‚Endlösung‘ impliziert jedoch eine anschließende Zeit des Friedens, ein goldenes Zeitalter, das im Widerspruch zum Prinzip des permanenten Krieges steht. Keinem faschistischen Führer ist es gelungen, diesen Widerspruch zu lösen.
- Gefühl einer Massenelite
- Erziehung zum Heldentum
- „Machismo (der nicht nur Frauenverachtung bedeutet, sondern auch Ablehnung und Verurteilung aller nicht zum Standard gehörigen Sexualgewohnheiten, von der Keuschheit bis zur Homosexualität)“
- Qualitativer Populismus: „In Demokratien haben die Bürger individuelle Rechte, aber politischen Einfluß können sie nur gemeinsam unter einem quantitativen Gesichtspunkt ausüben – die Mehrheit entscheidet. Für den Ur-Faschismus dagegen haben Individuen als Individuen keinerlei Rechte, während das ‚Volksganze‘ als eine Qualität begriffen wird, eine monolithische Einheit, die den gemeinsamen Willen aller zum Ausdruck bringt … In unserer Zukunft bietet sich ein TV- oder Internet-Populismus an, bei dem die emotionale Antwort einer Gruppe ausgewählter Bürger als ‚Stimme des Volkes‘ präsentiert und akzeptiert werden kann.“
- Newspeak nach dem Modell von Orwells „1984“: „Wir müssen uns bereit halten, auch andere Formen von Newspeak zu identifizieren, selbst wenn sie die unschuldige Form einer populären Talkshow annehmen.“
Ob und wie Lawrence Britt durch die 14 Punkte von Eco inspiriert wurde, sei dahingestellt. Eco Jahrgang 1932 und aufgewachsen in der Zeit des Mussolini-Faschismus, erinnert sich im Artikel an seine Kindheit. Unter anderem an den Tag als er erstmals eine Vielzahl an Zeitungen vorfand und nicht die Einheitspresse.
Am 7. Juli 1995 erschien auch eine Übersetzung des Artikels von Eco in ‚DIE ZEIT‘, der im Archiv zur Gänze zu lesen ist. Eine Empfehlung für alle, die sich mit diesem Thema näher auseinander setzen möchten.
[av_font_icon icon=’ue835′ font=’entypo-fontello‘ style=“ caption=“ link=“ linktarget=“ size=’15px‘ position=’left‘ color=“ admin_preview_bg=“][/av_font_icon]Urfaschismus – Umberto Eco – DIE ZEIT Nr. 28/1995
Das Leben ist nicht so einfach. Der Ur-Faschismus kann in den unschuldigsten Gewändern daherkommen. Es ist unsere Pflicht, ihn zu entlarven und mit dem Finger auf jede seiner neuen Formen zu zeigen – jeden Tag, überall in der Welt.
Umberto Eco