Wenn Männer den Frauen die Welt erklären, weil sie glauben es besser zu wissen, wird das mit einem Wort zusammengefasst: ‚Mansplaining‘, das Portmanteauwort aus „man“ und „explaining“ wird im Oxford English Dictionary definiert als „jemandem etwas auf eine als herablassend oder bevormundend empfundene Weise erklären, typischerweise ein Mann gegenüber einer Frau“. Dieses Typischerweise gilt es zu hinterfragen. Am Ende finden wir vielleicht einen neuen Begriff der so universal pickt wie Patex.
Men explain Things to me
Die Urheberschaft von #Mansplaining wird der Autorin Rebecca Solnit zugeschrieben. Ihr, 2008 in der Los Angeles Times erschienener Essay „Men Explain Things to Me“, wurde zum erfolgreichen Sachbuch. Das Wort ‚Mansplaining‘ kommt aber im ursprünglichen Essay nicht einmal vor. Solnit lieferte nur die Definition als sie von einem Erlebnis berichtete.
Das eigene Werk erklärt bekommen
Es war in Aspen nach der Jahrtausendwende. Ein älterer Herr klärte Solnit über ein Buch auf. Er legte ihr langatmig dar, warum sie es unbedingt lesen solle. Dabei liess er sich durch nichts unterbrechen. Dumm gelaufen: Das Buch war von Solnit selbst verfasst worden. Das soll dem Mann aber nicht wirklich peinlich gewesen sein, schreibt Solnit.
Der Skipapst
Es war ebenfalls in Aspen und im Jahr 1968. „Professor“ Kruckenhauser trug dem Auditorium des Weltkongress für Skilehrwesen – kurz Interski genannt – seinen Zugang zum einzig wahren Skifahren vor.Ich war Neun und fasziniert von seinen rhetorischen Fähigkeiten, gleichzeitig zu zeichnen und mit Witzen sein Publikum zu fesseln.
Seine ersten Striche auf der leeren Tafel skizzierten einen Busen. Damit hatte er sich die uneingeschränkte Aufmerksamkeit, der vorwiegend männlichen Skilehrerschaft gesichert.
Aus der Busen-Skizze wurde eine Darstellung des Schwerpunkts beim Wedeln, die der Physiker Fritz Baumrock unter ‚Poldi Huber Biomechanik‘ einreihte. Als Kind wurde mir vermittelt, dass Kruckenhauser wichtiger war als alle anderen Schneemänner zusammen. Seine Wichtigkeit unterstrich er selbst; indem er anderen Experten Unwissenheit unterstellte.
Er machte sich wichtiger
Kruckenhauser:
„In steter Sorge aktuelle Probleme der Skitechnik und -methodik aufzugreifen und Lösungen zur Diskussion zu stellen, demonstrierte ich in Aspen die reformierte „Grundschule“. Kein auffallendes Thema und daher ein Wagnis, denn fast alle Nationen versuchten mit spektakulären Kapiteln der Oberstufe, mit der ‚Show‘ zu imponieren.“
Den Kindern die Welt erklären
Mir war das manieristsiche Gewedle der Keilhosenträger immer suspekt. Wie ich mich besser durch den Wald und Bruchharsch bewegte, fand ich mit kindlichem Gespür von alleine heraus. Dass wir in der Interski-Kindergruppe Kruckenhausers Technikvorstellungen gut ausführen konnten, lag am natürlichen Können. Das hatten wir alle in der winterlichen Baumschule schon lange erworben, bevor wir am Arlberg für die Rockies gedrillt wurden. Trotzdem hat niemand von uns je die Wichtigkeit von Kruckenhauser in Frage gestellt.
Kein universieller Makel von Männern
Männer erklären Frauen die Welt, auch wenn die Frau mehr darüber weiß. Mit meiner Berufspraxis in vielen Sparten der männlich dominierten Skiwelt kommt mir das bekannt vor. Ich schliesse mich Solnit an, wenn sie darauf hinweist, dass „Mansplaining“ kein universeller Makel eines Geschlechts ist, sondern nur die Kreuzung von übertriebenem Selbstbewusstsein und Ahnungslosigkeit, an der ein Teil dieses Geschlechts stecken bleibt.
‚Wir‘ Ski-Experten
In das Skisystem wurde ich hineingeboren und wuchs in der elterlichen Skischule auf. Ich bin Rennläuferin gewesen und habe Ski entwickelt. In meiner Skischule habe ich meine eigene Methodik und Didaktik etabliert. Mehrere Tausend Menschen haben mir vertraut, als sie mit mir den Einstieg oder Umstieg zur dynamischen Skitechnik suchten. Ich fand und finde mich oft in Situationen, in denen mir Leute erklären wie Skifahren geht. Die einen sind vor zig Jahren ein-, zweimal zum Ferialjob als Skilehrer angetreten, die anderen im Skiurlaub bei Gästerennen. Viele sind Männer aber nicht alle.
Eine grundlegende Frage
Solnit im ZEITmagazin:
„Mich interessiert, wie bestimmte Annahmen – ich bin wichtiger, meine Rechte sind größer als deine, ich verdiene mehr Platz – dazu führen, dass ich jemanden bei einer Konferenz oder am Esstisch nicht zu Wort kommen lasse, und ebenso dazu, dass ich noch schlimmere Dinge tue, um jemanden um sein Recht zu bringen.“
Aktuell geht es in meinem Leben sehr stark um die Ursachen von Machtmissbrauch in Systemen im Sport und im Prinzip. Bei jeder Gelegenheit unterstreiche ich diesen Aspekt für mein Tun. Oft finde ich mich sprachlos mit Experten an den Stammtischen im Beisl oder im Internet. Sie wollen mir meinen Weg erklären, wie jüngst ein Bekannter auf meiner Timeline in Facebook.
Ich schrieb über sexistische Sprache, er meinte ich solle bei meinem Thema bleiben:
W auf Facebook:
das geht in die falsche Richtung!!!!! zwischen „schwul foarn“ und der Sauerei vom Toni Sailer oder Charly Kahr als pubertierendes Pummale vergewaltigt zu werden ist der größte mögliche Unterschied bei dem sich schon die „Tschenderei“ verlaufen hat, und verwässert damit das eigentliche Verbrechen! Bleib drauf am Thema und verzettel dich nicht.
Selbstüberschätzung & Ahnungslosigkeit
Zwei Psychologinnen – nicht ‚getschendert‘, es sind wirklich Frauen – im Auftrag des Skiverbands unterwegs, haben jüngst versucht mir meinen Platz in meinem eigenen Institut, ja sogar in meiner Entwicklung streitig zu machen. Frau Wimmer-Puchinger behauptete in einer Tageszeitung , ich hätte eine „Plattform für Betroffene“ gegründet. Tatsächlich haben wir ein Institut zur Prävention von Machtmissbrauch gegründet. Frau Leibovici-Mühlberger, bekannt durch Bücher über ‚Tyrannenkinder‘, liess sich gar zu einer Ferndiagnose hinreissen, in der sie meine Initiative pathologisiert.
#PatEx
Und an dieser Stelle wird klar, dass ‚Mainsplaining‘ als Begriff viel zu kurz greift. Etwas herablassend oder bevormundend zu erklären, hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Das machen überwiegend Männer und auch Frauen, die in patriarchalen Strukturen verwurzelt sind. Man könnte einen neuen Hashtag kreieren für die patriarchalischen Experten, denen man keinesfalls auf den Leim gehen sollte. #PatEx
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