Rechtsaussen – eine Position bei Winterspielen

Während Romantiker der verklärten Vorstellung vom völkerverbindenden Sport nachhängen, zeigt sich auf Sportstätten und Nebenschauplätzen ein anderes Bild. Die gegenwärtige Struktur des internationalen Spitzensports scheint eher nationalistische und ethnozentrische Tendenzen zu begünstigen als zu ihrem Abbau beizutragen. Ist Rechtsaussen, auch eine Position bei Winterspielen?

Spieglein, Spieglein

Am Ende der Olympischen Spiele kommt dem „Medaillenspiegel“ viel Aufmerksamkeit zu. Dabei sagt er über den sportlichen Erfolg sehr wenig aus. Eine Nation, die nur eine Goldmedaille holt, landet vor einer, die zehnmal Silber schafft. Zehn vierte Plätze werden im National-Ranking gar nicht beachtet. Einige meinen deshalb man solle ein Punktesystem einführen, andere wollen eine Relation herstellen: Medaillen in Beziehung zur Einwohnerzahl eines Landes, zum Bruttonationalprodukt oder zur ökologischen Nachhaltigkeit.

Probleme in Kernsportarten

Derlei Überlegungen interessieren den gelernten österreichischen Sofa-Sportler nicht, solange die Medien mit irgendeiner Statistik titeln können. Und wieder einmal sind es die Skifahrer, die glänzen: „Österreich ist erfolgreichste Alpin-Nation bei diesen Spielen“. Das verklärt den Blick auf die Realität, in einigen Kernsportarten gibt es massive Probleme. Österreich liegt in der Gesamtwertung auf Rang 10.

Friluftsliv contra Leistungswahn

Die Ausrede  – „Austria is a too small country.“ – kann hier nicht angebracht werden; hat Norwegen doch noch weniger Einwohner als „wir“ und steht trotzdem einsam an der Spitze der olympischen Edelmetall-Charts 2018. Ein Grund dafür könnte darin liegen, dass in Norwegen Bewegungskultur stark im Bewusstsein der Menschen verankert ist. Friluftsliv heissst die norwegische Outdoor-Philosophie, sie wird staatlich gefördert und mit ihr ein kulturelles Erbe und Identifikationsmerkmal der Norweger.

Nationalsport, der keiner ist

Wenn jemand „wir“ sagt und damit „Österreich“ meint, identifiziert er sich gerne mit populären Sportarten und deren berühmten Vertretern. Dem Skisport kommt dabei eine bedeutende Rolle in der Entwicklung der nationalen Identität zu. Wenn die Sonne das ÖSV Team bescheint, bescheint sie damit auch die ganze Nation. Skifahren gehört ja vermeintlich zur genetischen Grundausstattung der Österreicher, obwohl gerade einmal 40% der Bevölkerung Skifahrer sind.

Nationalismus mit Wurzeln im Sport

Dass sich aus der Identifikation mit den Nationalhelden – besonders in Zeiten sportlicher Großereignisse – überzogener Nationalismus ableitet, ist Fakt. Die Geschichte des Nationalismus ist stark mit dem Sport verwoben ist. „Turnvater“ Jahn schuf bereits vor 200 Jahren eine nationalistische Sportumgebung. Rund 100 Jahre später führte der Deutsche Alpenverein den Arier-Paragraphen ein. 1923 wurde er in die Verbands-Statuten des Österreichischen Skiverbands aufgenommen.

Gesunder Patriotismus?

Wir erinnern uns: während des NS Regimes durften Menschen wegen ihrer Religions- und Ethnien-Zugehörigkeit nicht an olympischen Spielen teilnehmen. Das ist zum Glück momentan nicht denkbar, doch die nationalistischen Tendenzen sind klar vorhanden auch wenn sie sich hinter dem „gesunden Patriotismus“ verbergen.

Beispiel auf Facebook:
Jüngst freute ich mich über die aussergewöhnliche Performance, von Etser Ledecká, Siegerin im Super-G bei den Alpinbewerben und auf Goldkurs auch am Snowboard. Sie stammt aus Tschechien. Deshalb wurde mit mangelnder Patriotismus vorgeworfen.


Abkehr vom nationalistischen Sport

Wir brauchen keinen gerechteren Medaillenspiegel, sondern eine Abkehr von der nationalistischen und anderweitig politischen Ausschlachtung des Sports. Entweder es geht um die Sache oder um Nationalismus, Macht und Kommerz. Sportlerinnen und Sportler sollen interessieren, weil sie gut sind, und nicht, weil sie aus einem bestimmten Land kommen – finde ich.

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